Juristische Streitstände korrekt darstellen

Gleich ob es sich um eine Hausarbeit im Strafrecht, Zivilrecht oder Öffentlichen Recht handelt: in jedem juristischen Gutachten sind mehrere Streitstände zu diskutieren. Die Meinungsstreite bilden den Schwerpunkt von Hausarbeiten und Klausuren. Sie sollten daher bereits in der Lösungsskizze oder der ersten Gliederung aufgenommen werden.

Prüfer achten besonders auf die Fähigkeit von Studenten, sich kritisch mit juristischen Argumenten auseinanderzusetzen. Es können viele wertvolle Punkte verschenkt werden, wenn streitige Auslegungsfragen nicht erkannt oder nur oberflächlich abgehandelt werden. Ein häufig anzutreffender Fehler ist es, bei streitigen Beurteilungen der Rechtslage nur die herrschende Meinung zu nennen und allenfalls in der Fußnote die Gegenansicht mit „a.A.“ anzuführen.

Symbolbild

Was sind Meinungsstreite und wie finde ich sie?

Meinungsstreite sind unterschiedliche Bewertungen verschiedener Autoren über die Bedeutung oder Auslegung von juristischen Begriffen. Häufig werden in Aufsätzen, Fachbüchern oder Kommentaren konträre Auffassungen vertreten. Auch innerhalb der Rechtsprechung können widerstreitende Urteile ergehen - zumindest bis zu einer höchstgerichtlichen Entscheidung.

Immer wenn ein Autor, zum Beispiel in einem Kommentar, eine Aussage trifft, die mit herrschender Meinung (h.M.) oder anderer Ansicht (a.A.) belegt wird, weist dies auf einen Dissens hin. Diese Kontroverse kann eine Ausformulierung in der Hausarbeit wert sein.

Experten Tipp: Wenn Sie selbst die Formulierung „nach herrschender Meinung“ nutzen oder in den Fußnoten h.M., h.L. oder a.A. verwenden, erwartet der Prüfer eine Darstellung des Meinungsstreits.

Wenn es sich hingegen um eine geklärte Rechtsfrage handelt und eine Gegenmeinung nicht mehr vertreten wird, besteht eine einhellige Meinung, nicht eine herrschende. Der Streitstand muss nicht mehr ausdiskutiert werden.

Wie wird ein Meinungsstreit dargestellt?

Für die Formulierungen von juristischen Streitständen in einer Hausarbeit gibt es zwei Methoden: Die ausführliche und die kurze Darstellungsweise.

Ausführliche Darstellung

Bei der ausführlichen Darstellung werden nach dem Obersatz die Einzelmeinungen mit ihren Begründungen aufgeführt und jeweils die Auswirkung der Meinung auf den Sachverhalt subsumiert. Am Ende entscheidet man sich für eine Meinung und beendet damit die Subsumtion. Es bietet sich an, die überzeugendste Meinung am Ende darzustellen und sich die Gründe zu eigen zu machen. Im Einzelnen sieht der Aufbau wie folgt aus:

1. Feststellen des Meinungsstreits

Eingangs muss das diskutierte Problem eingeleitet werden:

„Fraglich ist, ob das Tatbestandsmerkmal in diesem Fall verwirklicht worden ist.“

„Ob in diesem Fall ein ... vorliegt, ist im Schrifttum umstritten.“

2. Darstellung der Auffassungen und ihrer Relevanz für den Sachverhalt

Die einzelnen Meinungen werden sodann kurz dargestellt und deren Begründung knapp wiedergegeben. Bei längeren Passagen sollte mit Zwischenüberschriften gearbeitet werden.

„Nach einer Auffassung…“ /„Die Rechtsprechung vertritt die Meinung, dass …“

„Dies wird mit … begründet.“ / „Dies folge aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, wonach …“

Die jeweiligen Originalquellen sind in der Fußnote zu nennen. Es genügt nicht, auf einen Kommentar zu verweisen, der wiederum einen Aufsatz oder ein Urteil zitiert.

Ähnliche Auffassungen können in einem Punkt zusammengefasst werden. So können beispielsweise die gleichen Meinungen mit alternativen Argumenten belegt werden.

Wichtig ist es, an dieser Stelle bereits einzuordnen, wie sich die Meinung auf die Falllösung auswirken würde:

„Nach dieser Ansicht wäre im vorliegenden Fall nicht von … auszugehen, da …“

3. Entscheidung für eine Auffassung und Stellungnahme

Die eigene Stellungnahme sollte überzeugend begründet werden. Um ein Hilfsgutachten zu vermeiden, bietet es sich klausurtaktisch an, der Meinung zu folgen, mit der das Gutachten bis zum Ende durchgeprüft werden kann.

„Der letztgenannten Ansicht ist zu folgen, weil …“

„Die Gegenansicht ist nicht überzeugend, da…“ / „Gegen die in der Literatur vertretene Meinung spricht…“

4. Subsumtionsergebnis

„Folglich hat A nach zutreffender Auffassung …“

„Folgt man richtigerweise der Auffassung des Bundesgerichtshofs, hat A im vorliegenden Fall …“

Verkürzte Darstellung

Wenn der Streitstand im zu prüfenden Fall nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt oder nur eine vereinzelte abweichende Mindermeinung vertreten wird, kann auf eine ausführliche Darstellung des Meinungsstreits verzichtet werden.

In der verkürzten Darstellung werden die Meinungen lediglich knapp genannt und begründet. Die Stellungnahme kann mit dem Hinweis entfallen, dass alle Meinungen zum selben Ergebnis gelangen.

„Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung …, weil … Die Rechtsprechung ist hingegen der Ansicht, …. Vorliegend kommen beide Meinungen zum gleichen Ergebnis, da A sowohl … als auch … Daher hat A vorliegend … “

„Streitig ist, wie diese Auslegung zu begründen ist. Nach einer Ansicht …“

„Puppe verlangt für die Anwendung des Tatbestandsmerkmals …, weil… Diese Ansicht verkennt jedoch, dass… Nach ganz überwiegender Meinung ist daher …“

Wie kann ich Sie unterstützen?

Falls Sie mit den Formulierungen von juristischen Hausarbeiten noch unsicher sind, kann ich Ihnen ein Jura-Coaching empfehlen, bei dem ich Sie während des Schreibprozesses fachlich begleite.